"Jedes einzelne Buch hat eine Seele. Die Seele dessen, der es geschrieben hat und die Seelen derer, die es gelesen und erlebt und von ihm geträumt haben."

Mittwoch, 16. März 2011

Der Geschichtenerzähler - Patricia Highsmith


Der Geschichtenerzähler - Patricia Highsmith

"Mich haben immer nur die kriminellen Möglichkeiten des Normalmenschen beschäftigt, dabei ist mir die Aufklärung des Mordfalles gleichgültig. Gibt es etwas Langweiligeres und Gekünstelteres als Gerechtigkeit? Das Leben schert sich einen Deut darum, ob einem Gerechtigkeit widerfährt. Ich erzähle Geschichten; mein Ziel ist nicht, den Leser moralisch aufzurüsten, ich will ihn unterhalten. Leute ohne Moral, wenn sie nicht sture, brutale Typen sind, amüsieren mich, sie sind phantasievoll, geistig beweglich und nicht bereit, sich der Gesellschaft zu beugen, und die sind dramatisch nahrhaft." - Patricia Highsmith

FAZIT: Patricia Highsmith schreibt Krimis. Und sie schreibt doch keine Krimis. Jedenfalls keine Krimis im herkömmlichen Sinne. Es sind auch keine Thriller oder Psycho-Thriller. Obwohl ihr Buch alles andere als langweilig ist. Und die Marke Psycho hat es auf jeden Fall weg, wenn auch nicht im herkömmlichen Sinne. Sie beleuchtet den Psychopathen in einem ganz normalen Menschen, in jemanden wie Du und Ich. Er könnte hier unter uns leben oder es könnte sogar man selbst sein. Mit einer präzisen Beobachtungsgabe und interessanten Details beschreibt sie einen ganz normalen Menschen und seinen Weg zum Mörder. Zum Mörder? Das ist die Frage, die offen bleibt. Zumal Patricia Highsmith den Leser so in den Strudel der wirren Gedanken der Hauptperson einbezieht, dass man manchmal gar nicht mehr weiß, was nun (fiktive) Realität ist und was sich der Protagonist nur ausdenkt. Geschickt versteht sie es ein banales Alltagsgeschehen so spannend zu beschreiben, dass der Leser gefesselt wird und doch die Einfachheit der Sprache und der Handlung überwiegt. Es ist ein Buch, das noch lange danach im Kopf herumschwellt und einem schwer im Magen liegt. Man muss es erst verdauen und sich damit beschäftigen, bis man es in einem Hinterstübchen ablegen kann. Zuviel Patricia Highsmith auf einmal ist gefährlich, aber doch macht ihr Stil und das Buch süchtig, so dass man nicht einfach mittendrin aufhören kann, um etwas anderes zu tun. Bei ihr tritt der Mord und die Aufklärung des Verbrechens in den Hintergrund, vielmehr interessieren sie die Hintergründe, Tatsachen und Gedanken, die einen Menschen zum Mörder werden lassen. Psychoanalyse inklusive.
Ein Buch für eingefleischte Krimi/Thriller-Fans und nichts für zarte Gemüter, auch, wenn es auf den ersten Blick so anmuten würde.

3 Sterne

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Follower