"Holzzeit – so nannte man in Buchhaim die beschaulichen Stunden des Abends, den behaglichen Ausklang des buchhändlerischen und literarischen Treibens des Tages. Wenn dicke Holzbalken in die Kamine gelegt und Pfeifen entzündet wurden, wenn blutschwere Weine ihre Aromen in den dickbäuchigen Gläsern entfalteten und die Meisterleser ihre Veranstaltungen begannen: dann war Holzzeit. Dann knisterten und knackten die Scheite im Feuer, und gelber Schein erfüllte die Lesezimmer. Alte Folianten und druckfrische Erstausgaben wurden geöffnet und die Zuhörer rückten näher, um Bewährtes oder Gewagtes, Essay oder Novelle, Romanausschnitt oder Briefwechsel, Lyrik oder Prosa vorgetragen zu bekommen. Holzzeit war die Zeit, in der sich der Körper zur Ruhe begab und der Geist erst richtig erwachte, in der die Phantome der Dichtkunst aus dem Papier stiegen und um die Köpfe der Hörer und Leser tanzten."
Mittwoch, 9. März 2011
Die Stadt der Träumenden Bücher - Walter Moers
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