Erlkönig - J. W. von Goethe
Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?
Es ist der Vater mit seinem Kind;
Er hat den Knaben wohl in dem Arm,
Er faßt ihn sicher, er hält ihn warm.
Mein Sohn, was birgst du so bang dein Gesicht? -
Siehst, Vater, du den Erlkönig nicht?
Den Erlkönig mit Kron' und Schweif? -
Mein Sohn, es ist ein Nebelstreif. -
"Du liebes Kind, komm, geh mit mir!
Gar schöne Spiele spiel ich mit dir;
Manch bunte Blumen sind an dem Strand,
Meine Mutter hat manch gülden Gewand."
Mein Vater, mein Vater, und hörest du nicht,
Was Erlenkönig mir leise verspricht? -
Sei ruhig, bleibe ruhig, mein Kind!
In dürren Blättern säuselt der Wind. -
"Willst, feiner Knabe, du mit mir gehn?
Meine Töchter sollen dich warten schön;
Meine Töchter führen den nächtlichen Reihn,
Und wiegen und tanzen und singen dich ein."
Mein Vater, mein Vater, und siehst du nicht dort
Erlkönigs Töchter am düstern Ort? -
Mein Sohn, mein Sohn, ich seh' es genau;
Es scheinen die alten Weiden so grau. -
"Ich liebe dich, mich reizt deine schöne Gestalt;
Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt."
Mein Vater, mein Vater, jetzt faßt er mich an!
Erlkönig hat mir ein Leids getan! -
Dem Vater grausets, er reitet geschwind,
Er hält in Armen das ächzende Kind,
Erreicht den Hof mit Müh und Not;
In seinen Armen das Kind war tot.
Ein Gedicht, an dem Goethe mal wieder eindrucksvoll bewiesen hat, dass er eben doch einer der Besten war.
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Dienstag, 8. Februar 2011
Sonntag, 6. Februar 2011
An sein Vaterland - Johann Christian Günther
An sein Vaterland
- Johann Christian Günther (1695 - 1723)
So lebe wohl mit allen Spöttern,
du ehmals wertes Vaterland.
Du trotzest bei so nahen Wettern,
ich wünsche dir nur auch Bestand.
Was hat dir wohl mein Geist zu danken?
Verfolgung, Schande, Neid und Zanken
und Freunde, die kein Flehn gewinnt.
Ja, müßt' ich heute bei den Drachen
gefährliche Gesellschaft machen,
sie wären gütiger gesinnt.
Ich komme durch dein scheinbar Lügen
um Gönner, Glauben, Ehr und Freund.
Mein Seufen kann dich nicht vergnügen,
so lang es auch erbärmlich weint.
Ha, unbarmherzige Leäne,
belohnst du so den Fleiß der Söhne?
Ist dieses die Erkenntlichkeit
vor so viel Wachen und Studieren,
nur dich mit Nutz und Ruhm zu zieren?
O falsche Welt, o grobe Zeit!
Gesetzt, ich hätte mich vergangen;
wo läßt die Mutter so ein Kind,
das endlich mit betränten Wangen
die rechte Straße wiederfindt?
Es sei dein Irrtum oder Tücke:
Gnug, daß dein Zorn mein künftig Glücke
durch solchen Grund zu Schanden macht.
Du schmähst mich nicht allein im Staube,
du hast auch gar von meinem Raube
den Frevlern Vorschub zugebracht.
Wohlan, so reize selbst die Waffen,
die Wahrheit und Verdruß regiert!
Wer sind die meisten deiner Pfaffen,
von welchen all mein Unglück rührt?
Wer sind sie? Lästrer, faule Bäuche,
Tartuffen, Zänker, böse Schläuche
und Schwätzer, so die Wahrheit fliehn,
Beruf und Gott im Beutel tragen,
sich täglich um die Kappe schlagen
und Weib und Pöbel an sich ziehn.
Du hegst Betrug und Aberglauben,
den aller Weisen Freiheit haßt;
der Rabe jauchzt, man würgt die Tauben,
der Reiche spott't der Armen Last.
Was tun die unbeschnittnen Juden?
Sie brüsten sich in teuren Buden
und schielen höhnisch in die Quer,
als wenn, Gott geb, ein Pursch ihr Diener,
der Mauerpfeffer aber grüner
als unser Musenlorbeer wär'.
Die Klügsten sitzen an dem Zolle,
verrechnen Leben und Vernunft;
was kost' das Heu? Was gilt die Wolle?
So spricht man in Zusammenkunft.
Was sag' ich von dem Frauenzimmer?
Ihr Schönsein ist nur Farbenschimmer;
sie heißen keusch, sie sind nur dumm,
und die noch etwas Grütze führen,
die kehren stets vor fremden Türen
und nehmen alles blind herum.
Dies seh' ich für gewisse Zeichen
vom Greuel der Verwüstung an:
Wo Kunst und Weisheit einmal weichen,
Wo Kunst und Weisheit einmal weichen,
da ist's um aller Heil getan.
Ja, steckten nur nicht hin und wieder
noch wenig treu und kluge Brüder,
so spräch' ich: Land, du bist nicht wert,
da so ein Carl dein Glück erhebet
und daß du einen Kopf erlebet,
der dich durch unsre Kunst verklärt.
Ich fürcht', ich fürcht', es blitzt von Westen,
und Norden droht schon über dich.
Du pflügst vielleicht nur fremden Gästen.
Ich wünsch' es nicht. Gedenk an mich!
Du magst mich jagen und verdammen,
ich steh' wie Bias bei den Flammen
und geh', wohin die Schickung ruft.
Hier fliegt dein Staub von meinen Füßen,
ich mag von dir nichts mehr genießen,
sogar nicht diesen Mund voll Luft.
Man meint, der Herr hätte eine Vorraussage gemacht, damals im schönen 17. Jahrhundert.
Dienstag, 28. Dezember 2010
Kriegslied - Erich Mühsam
Sengen, brennen, schießen, stechen,
Schädel spalten, Rippen brechen,
spionieren, requirieren,
patrouillieren, exerzieren,
fluchen, bluten, hungern, frieren...
So lebt der edle Kriegerstand,
die Flinte in der linken Hand,
das Messer in der rechten Hand -
mit Gott, mit Gott, mit Gott,
mit Gott für König und Vaterland!
Aus dem Bett von Lehm und Jauche,
zur Attacke auf dem Bauche!
Trommelfeuer - Handgranaten -
Wunden - Leichen - Heldentaten -
bravo, tapfere Soldaten!
So lebt der edle Kriegerstand
das Eisenkreuz am Preußenband
die Tapferkeit am Bayernband,
mit Gott, mit Gott, mit Gott,
mit Gott für König und Vaterland!
Still gestanden! Hoch die Beine!
Augen gradeaus, ihr Schweine!
Visitiert und schlecht befunden.
Keinen Urlaub. Angebunden.
Strafdienst. Extra sieben Stunden!
So lebt der edle Kriegerstand.
Jawohl, Herr Oberleutenant!
Und zu Befehl, Herr Leutenant!
Mit Gott, mit Gott, mit Gott,
mit Gott für König und Vaterland!
Vorwärts mit Tabak und Kümmel,
Bajonette, Schlachtgetümmel.
Vorwärts! Sterben oder Siegen!
Deutscher kennt kein Unterliegen.
So lebt der edle Kriegerstand
Der Schweiß tropft in den Grabenrand
das Blut tropft in den Straßenrand,
mit Gott, mit Gott, mit Gott,
mit Gott für König und Vaterland!
Angeschossen - hochgeschmissen -
Bauch und Därme aufgerissen.
Rote Häuser - blauer Äther -
Teufel! Alle heiligen Väter!
Mutter! Mutter!! Sanitäter!!!
So stirbt der edle Kriegerstand.
In Stiefel, Maul und Ohren Sand
und auf dem Grab drei Schippen Sand.
mit Gott, mit Gott, mit Gott,
mit Gott für König und Vaterland?
Schädel spalten, Rippen brechen,
spionieren, requirieren,
patrouillieren, exerzieren,
fluchen, bluten, hungern, frieren...
So lebt der edle Kriegerstand,
die Flinte in der linken Hand,
das Messer in der rechten Hand -
mit Gott, mit Gott, mit Gott,
mit Gott für König und Vaterland!
Aus dem Bett von Lehm und Jauche,
zur Attacke auf dem Bauche!
Trommelfeuer - Handgranaten -
Wunden - Leichen - Heldentaten -
bravo, tapfere Soldaten!
So lebt der edle Kriegerstand
das Eisenkreuz am Preußenband
die Tapferkeit am Bayernband,
mit Gott, mit Gott, mit Gott,
mit Gott für König und Vaterland!
Still gestanden! Hoch die Beine!
Augen gradeaus, ihr Schweine!
Visitiert und schlecht befunden.
Keinen Urlaub. Angebunden.
Strafdienst. Extra sieben Stunden!
So lebt der edle Kriegerstand.
Jawohl, Herr Oberleutenant!
Und zu Befehl, Herr Leutenant!
Mit Gott, mit Gott, mit Gott,
mit Gott für König und Vaterland!
Vorwärts mit Tabak und Kümmel,
Bajonette, Schlachtgetümmel.
Vorwärts! Sterben oder Siegen!
Deutscher kennt kein Unterliegen.
So lebt der edle Kriegerstand
Der Schweiß tropft in den Grabenrand
das Blut tropft in den Straßenrand,
mit Gott, mit Gott, mit Gott,
mit Gott für König und Vaterland!
Angeschossen - hochgeschmissen -
Bauch und Därme aufgerissen.
Rote Häuser - blauer Äther -
Teufel! Alle heiligen Väter!
Mutter! Mutter!! Sanitäter!!!
So stirbt der edle Kriegerstand.
In Stiefel, Maul und Ohren Sand
und auf dem Grab drei Schippen Sand.
mit Gott, mit Gott, mit Gott,
mit Gott für König und Vaterland?
Sonntag, 26. Dezember 2010
Schlaflied für Mirjam - Richard Beer-Hofmann
Schlaf mein Kind, schlaf, es ist spät -
Sieh wie die Sonne zur Ruhe dort geht.
Hinter den Bergen stirbt sie in Rot.
Du, weißt nichts von Sonne und Tod.
Wendest die Augen zum Licht und zum Schein.
Schlaf, es sind so viele Sonnen noch dein.
Schlaf, mein Kind, mein Kind, schlaf ein.
Schlaf mein Kind, der Abendwind weht.
Weiß man woher er kommt, wohin er geht?
Dunkel verborgen die Wege hier sind.
Dir und auch mir, und uns allen mein Kind.
Blinde so gehn wir und gehen allein.
Keiner kann keinem Gefährte hier sein.
Schlaf mein Kind, mein Kind, schlaf ein.
Schlaf mein Kind, und horch nicht auf mich.
Sinn hats für mich nur und Schall ists für dich.
Schall nur wie Windes wehn, Wassergerinn
Worte vielleicht eines Lebens Gewinn!
Was ich gewonnen gräbt man mit mir ein
Keiner kann keinem ein Erbe hier sein.
Schlaf mein Kind, mein Kind, schlaf ein.
Schläfst du Mirjam, Mirjam mein Kind?
Ufer nur sind wir und tief in uns rinnt
Blut von Gewesnen, zu Kommenden rollts
Blut unsrer Väter voll Unruh und Stolz.
In uns sind alle, wer fühlt sich allein?
Du bist ihr Leben, ihr Leben ist dein.
Mirjam mein Leben, mein Kind, schlaf ein.
Sieh wie die Sonne zur Ruhe dort geht.
Hinter den Bergen stirbt sie in Rot.
Du, weißt nichts von Sonne und Tod.
Wendest die Augen zum Licht und zum Schein.
Schlaf, es sind so viele Sonnen noch dein.
Schlaf, mein Kind, mein Kind, schlaf ein.
Schlaf mein Kind, der Abendwind weht.
Weiß man woher er kommt, wohin er geht?
Dunkel verborgen die Wege hier sind.
Dir und auch mir, und uns allen mein Kind.
Blinde so gehn wir und gehen allein.
Keiner kann keinem Gefährte hier sein.
Schlaf mein Kind, mein Kind, schlaf ein.
Schlaf mein Kind, und horch nicht auf mich.
Sinn hats für mich nur und Schall ists für dich.
Schall nur wie Windes wehn, Wassergerinn
Worte vielleicht eines Lebens Gewinn!
Was ich gewonnen gräbt man mit mir ein
Keiner kann keinem ein Erbe hier sein.
Schlaf mein Kind, mein Kind, schlaf ein.
Schläfst du Mirjam, Mirjam mein Kind?
Ufer nur sind wir und tief in uns rinnt
Blut von Gewesnen, zu Kommenden rollts
Blut unsrer Väter voll Unruh und Stolz.
In uns sind alle, wer fühlt sich allein?
Du bist ihr Leben, ihr Leben ist dein.
Mirjam mein Leben, mein Kind, schlaf ein.
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