"Jedes einzelne Buch hat eine Seele. Die Seele dessen, der es geschrieben hat und die Seelen derer, die es gelesen und erlebt und von ihm geträumt haben."

Sonntag, 2. Januar 2011

Die Frau des Zeitreisenden - Audrey Niffenegger


Die Frau des Zeitreisenden - Audrey Niffenegger

Clare ist Kunststudentin und eine Botticelli-Schönheit. Henry ein verwegener und lebenshungriger Bibliothekar. Clare fällt aus allen Himmeln, jedes Mal aufs Neue, wenn Henry vor ihr steht. Denn Henry ist ein Zeitreisender, ohne jede Ankündigung verstellt sich seine innere Uhr. Plötzlich und unerwartet stürzt er los, nie ist sicher, aus welcher Zeit er kommt und in welcher Zeit er bei Clare landet, aber immer ist sicher, dass er wieder bei ihr landet. Als sie sich das erste Mal begegnen, ist Clare sechs und Henry 36, aber in Wahrheit ist Henry nur acht Jahre älter als sie und schon lange mit ihr verheiratet. Absurdes wird zur Normalität. Seine Zeitreisen sind das brennende Geheimnis, das Henry und Clare mit jeder Trennung noch inniger vereint.

FAZIT: Ein Buch über das schon viel geschrieben wurde und von dem ich schon viel gehört habe. Deswegen war ich mir auch bis zum Ende nie ganz sicher, ob es meinen Anforderungen gerecht werden würde. Auch jetzt, einem Tag nach dem Beenden sehe ich noch mit gemischten Gefühle auf die Lektüre zurück. Es ist auf jeden Fall ein Meisterwerk, allein schon wegen der Idee, aber manchmal hätte ich mir mehr Intensität im Geschriebenen gewünscht. Auch auf die, vor allem am Anfang des Buches, etwas verwirrenden Zeitsprünge muss man sich erst einmal einstellen, aber danach werden sie ruhiger und überschaubarer. Alles in Allem kann man sagen, dass dieses Buch eine etwas andere Sicht auf die Liebe wirft und definitiv gelesen werden sollte. Die Sprache ist ziemlich einfach gehalten, was manchmal beim Leser etwas missen lässt. Dafür ist das Ende um so trauriger und schöner, als man es sich denkt.

4 Sterne

Samstag, 1. Januar 2011

Silvesternacht - Theodor Fontane

Das Dorf ist still, still ist die Nacht,
Die Mutter schläft, die Tochter wacht,
Sie deckt den Tisch, sie deckt für zwei,
Und sehnt die Mitternacht herbei.

Wem gilt die Unruh? Wem die Hast?
Wer ist der mittenächt'ge Gast?
Ob ihr sie fragt, sie kennt ihn nicht,
Sie weiß nur, was die Sage spricht.

Die spricht: Wenn wo ein Mädchen wacht
Um zwölf in der Silvesternacht,
Und wenn sie deckt den Tisch für zwei,
Gewahrt sie, wer ihr Künft'ger sei.

Und hätt' ihn nie geseh'n die Maid,
Und wär' er hundert Meilen weit,
Er tritt herein und schickt sich an,
Und isst und trinkt und scheidet dann -

Zwölf schlägt die Uhr, sie horcht erschreckt,
Sie wollt', ihr Tisch wär' ungedeckt,
Es überfällt sie Angst und Graun,
Sie will den Bräutigam nicht schau'n.

Fort setzt der Zeiger seinen Lauf,
Niemand tritt ein, sie atmet auf,
Sie starrt nicht länger auf die Tür, -
Herr Gott, da sitzt er neben ihr.

Sein Aug' ist glüh', blass sein Gesicht,
Sie sah ihn all' ihr Lebtag nicht.
Er blitzt sie an und schenket ein,
Und spricht: "Heut Nacht noch bist du mein.

Ich bin ein stürmischer Gesell',
Ich wähle rasch und freie schnell,
Ich bin der Bräut'gam, du die Braut,
Und bin der Priester, der uns traut."

Er fasst sie um, ein einz'ger Schrei,
Die Mutter hört's und kommt herbei;
Zu spät, verschüttet liegt der Wein,
Tot ist die Tochter und - allein.

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