"Jedes einzelne Buch hat eine Seele. Die Seele dessen, der es geschrieben hat und die Seelen derer, die es gelesen und erlebt und von ihm geträumt haben."

Sonntag, 26. Juni 2011

Leichenraub - Tess Gerritsen


Leichenraub - Tess Gerritsen

Julia Hamill ist schockiert: Stammen doch die menschlichen Gebeine, die sie in ihrem Garten gefunden hat, von einer jungen Frau. Schnell entdeckt die Pathologin Maura Isles, dass sie ermordet wurde - vor ungefähr zweihundert Jahren. Wer ist die junge Tote, wer hat sie so heimlich verscharrt? Julias Neugier führt sie in die Vergangenheit Bostons zur medizinischen Fakultät der Universität. Und zu dem Medizinstudenten Norris Marshall, der hofft, einem gefährlichen Frauenmörder zu stellen - und dabei seine einzige Zeugin in höchste Gefahr bringt ...

FAZIT: Tess Gerritsen gehört definitiv zur Elite der Krimiautoren. Mit ihren teils in der Vergangenheit, teils in der Gegenwart geschriebenen Roman baut sie nicht nur überaus gekonnt Spannung auf, sondern zieht den Leser hinein in einen Kreis der Gefahren, Lügen und Geheimnisse. Sie lässt die Lösung aber nie zu einfach erscheinen, sondern spornt den Leser selbst zum Nachdenken an, so dass einen die Geschichte gar nicht mehr los lässt. Ganz abgesehen davon, dass das Buch so gut geschrieben ist, dass man es gar nicht mehr aus der Hand legen kann. Mit vielen deteilgetreuen Beschreibungen ihres eigenen, früheren Handwerks, des Arztberufes erschafft Tess Gerritsen eine authentische Welt, die den Leser vollkommen einfängt. Und selbst am Ende ist man sich nicht wirklich sicher, ob nun alles so ist, wie man es sich selbst zusammengereimt hat. Das war zwar mein erster, aber definitiv nicht mein letzter Roman von Tess Gerritsen. Für eher empfindliche Krimileser nicht so geeignet, dafür aber auch sehr gut als Einsteigerlektüre.

4 Sterne

Freitag, 24. Juni 2011

Das Model - Brigitte Blobel


Das Model - Brigitte Blobel

Als der Modefotograf Nik ausgerechnet an der linkischen Amelie das "gewisse Etwas" entdeckt, macht er der 15-jährigen Hoffnung auf eine Karriere als Cover-Girl. Amelie bereitet sich auf einen Modelwettbewerb vor - und erfährt die ganze Härte des vermeintlichen Traumberufs. Sie muss eine Entscheidung treffen.

FAZIT: Jugendgerecht beschreibt Brigitte Blobel in eindrucksvollen Bilder das Modelbuisness. Dass dieses eigentlich nie so ist, wie die jungen Mädchen sich das vorstellen, wissen die wenigsten. Und dass es vielen Mädchen genauso erging, wie Amelie, ebenso nicht. Es ist auch heute noch der vielleicht am meisten geträumte Traum aller Mädchen: Model werden. Und doch platzt dieser Traum meistens ziemlich unsanft. Mit gut gewählten und flüssig zu lesenden Sätzen ist dieses Buch auf jeden Fall all denen Teenagern zu empfehlen, die immer noch davon träumen Model zu werden. Zwar fehlen an ein, zwei Stellen ein bisschen die erklärten Übergänge, aber haben diese für die Hauptmessage des Buches auch nicht so viel Relevanz. Alles in allem ein Buch, dass man jungen Mädchen weiterschenken könnte.

2 Sterne

Mittwoch, 22. Juni 2011

Es muss nicht immer Kaviar sein - Johannes Mario Simmel


Es muss nicht immer Kaviar sein - Johannes Mario Simmel

Die tolldreisten Abenteuer und auserlesenen Kochrezepte des Geheimagenten Thomas Lieven. Er hat zwei Schwächen, dieser Geheimagent wider Willen: die Frauen und das Kochen.
Durch die Jahre des Zweiten Weltkrieges und der Nachkriegszeit, durch eine Zeit voll Hass und Fanatismus, Lüge und Verrat geht unbeirrbar und unbesiegbar ein Mann, im Herzen die philosophische Erkenntnis: Es muss nicht immer Kaviar sein.

FAZIT: Simmel hat mal wieder ein Meisterwerk der unterhaltenden Lektüre geschaffen. Mit über 100 eingestreuten Kochrezepten, die nicht nur lecker klingen, sondern auch durchaus zum Nachkochen anregen, erzählt er hier die Geschichte eines ungewollterweise zum Geheimagenten geratenen Mannes. Mit viel Einfallsreichtum, Witz und Charme schlägt er all den vielen Geheimdiensten der Welt ein Schnippchen und schafft es immer wieder sich aus den unterschiedlichsten, auswegslos erscheinenden, Situationen herauszuschlagen. Ein Epos über die "Geheimagenterei", das man nur jedem empfehlen kann.

5 Sterne

Dienstag, 21. Juni 2011

Sommerstücke - Garrison Keillor


Sommerstücke - Garrison Keillor

Rachel spielt begeistert Geige und ist verliebt in Scott, den bestaussehenden Jungen auf Erden. Der spielt Cello und teilt ihre Leidenschaft für die Musik. anders als ihre Freundin Carol, die seit neuestem ständig mit ihrem Softball-Team auf Achse ist. Und trotzdem vermisst Rachel die vertrauten Gespräche mit ihr. Gerne wäre sie so normal wie Carol, denn mit ihrer Liebe für Bach und Mozart fällt sie auf. Doch im Laufe eines langen Sommers findet Rachel heraus, wer und was ihr eigentlich wichtig ist, egal was die anderen davon halten.

FAZIT: Ein wirklich netter Jugendroman, der für heiße Sommertage in der Sonne liegend sehr geeignet ist. Sehr einfach und doch authentisch geschrieben, überzeugt die Autorin mit einer Geschichte über ein junges Mädchen, das erst noch lernen muss, dass die Meinungen der Anderen nicht so wichtig sind, solange man mit sich, seiner Familie und seinen Zielen im Reinen ist. Mit lieb gezeichneten Figuren besticht das Buch mit einem ganz eigenen Charme und beschert dem Leser ein paar nette Stunden, in denen man alles um sich herum vergisst und in diese heile Welt eintaucht. Auch die klassische Musik kommt nicht zu kurz, ihre Ausübung wird sogar so lebhaft beschrieben, dass sich der instrumentenkundige Leser sofort an das seinige wünscht, um ein paar Takte zu spielen.  Ein sehr jugendlich gehaltener Roman und deswegen auch eher nur für diese Altersgruppe zu empfehlen. 

3 Sterne

Samstag, 18. Juni 2011

Heißer Sommer - Uwe Timm


Heißer Sommer - Uwe Timm

"Heißer Sommer" ist eines der wenigen literarischen Zeugnisse der Studentenrevolte. Heute, dreißig Jahre danach, ist das Buch selbst ein Stück Geschichte, das uneingeholte politische Erwartungen wachhält und die Atmosphäre eines bewegenden historischen Moments mit all seinen Spannungen, Aufbrüchen, beschleunigten Entwicklungen unvergessen macht.

FAZIT: Ein sehr wirr geschriebenes und langatmiges Buch. Uwe Timm baut sehr oft Zitate aus damals aktuellen Büchern, Flugschriften oder von Philosophen mit ein, die das lesen erschweren und auch intellektuell einen hohen Wissensgrad erfordern. Von der Studentenrevolte an sich, habe ich mir eigentlich etwas mehr gewünscht und doch wird es durch die Ich-Perspektive des Protagonisten und seine Handlungen dem Leser ganz gut näher gebracht. Man weiß am Ende auch nicht wirklich, wie die Geschichte an sich ausgegangen ist oder wo überhaupt das Problem des Protagonisten liegt, das ihn dann auch das gesamte Buch lang herumtreibt. In der Struktur des Buches hat Uwe Timm seine "Montagetechnik" aufs Höchste präzesiert, was die zusammengestückelte Atmosphäre noch erheblich anhebt. Ich habe mich fast durch das gesamte Buch gequält und war froh, als ich es endlich fertig gelesen hatte. Alles in allem ein Buch, das ich nicht unbedingt empfehlen würde, nur für hart gesottene Timm-Fans.

1 Sterne

Freitag, 17. Juni 2011

Am Beispiel meines Bruders - Uwe Timm


Am Beispiel meines Bruders - Uwe Timm 

"Abwesend und doch anwesend hat er mich durch meine Kindheit begeleitet, in der Trauer der Mutter, den Zweifeln des Vaters, den Andeutungen zwischen den Eltern. Von ihm wurde erzählt, das waren kleine, immer ähnliche Situationen, die ihn als mutig und anständig auswiesen. Auch wenn nicht von ihm die Rede war, war er doch gegenwärtig, gegenwärtiger als andere Tote, durch Erzählungen, Fotos und in den Vergleichen des Vaters, der mich, den Nachkömmling, einbezogen."

FAZIT: In diese, wie auch in seinen anderen Werken, befasst sich Uwe Timm mit einem weiteren sehr persönlichen Thema. Sein Bruder, der, gefallen im Zweiten Weltkrieg und für Uwe Timm nur eine bildlose Gestalt, die er von Erzählungen kannte, trotzdem immer gegenwärtig war, immer als Vergleichsobjekt des Vaters für den "Nachkommling", wie Timm selbst genannt wurde, stand. Sein Leben lang musste er sich mit dem mutigern, anständigeren, besseren Bruder herumschlagen, der am Ende gar zu einem Phantom wurde. Doch auch die Geschichte seines Vaters wird hier erzählt, das Verhältnis zu ihm, seine eigene Entwicklung, die in den innerlichen und äußerlichen Zerfall deutlich wurde. Erst, nachdem all seine Verwandten, Bruder, Vater, Mutter und Schwester gestorben waren, konnte sich Uwe Timm mit diesem Thema, mit diesem Aspekt seines Lebens beschäftigen und darüber schreiben. Mit Auszügen aus dem Tagebuch des Bruders, Briefen an seinen Vater und vielen Erinnerungsfetzen versucht Uwe Timm hier ein Bild zu liefern, eine kleine Rechtfertigung vor sich selbst, aber vor allem ein Schreiben, das nur eines zum Ziel hat: Verarbeitung. Es ist vielleicht sogar das persönlichste Buch, das Timm bis jetzt geschrieben hat und es ist definitiv lesenswert.

4 Sterne

Heißer Sommer - Uwe Timm

"Wir haben uns oft selbst nicht einmal diese Fragen gestellt. Die Frage, für wen man forscht, wer lehrt und vor allem, was man lehrt. Diese Fragen werden dann auch als unwissenschaftlich diffamiert. Solche Fragen nennen unsere Spektabilitäten schon revolutionär und dann sehen sie rot. Wir müssen lernen, solche Fragen zu stellen und zwar radikal. Lassen wir beizeiten die Tabus auffliegen, mit denen sie, die Herrschenden in diesem Land, ihre Herrschaft in unserem Bewußtsein wie mit einem Minengürtel abgesichert haben. Sprechen wir über die Klassengegensätze in unserer formierten Gesellschaft, decken wir die Formen der Ausbeutung in unserem Land auf. Zerstören wir die künstlich erzeugte Selbstzufriedenheit der Bürger in diesem Staat und denunzieren wir die Nutznießer dieser Selbstzufriedenheit. Der Unmut an diesem System soll wachsen. Es selbst produziert dafür die materielle Voraussetzung. Das offiziell verdrängte Elend muss sichtbar gemacht weden, das diese Gesellschaftssystem permanent verbreitet. Das Elend des planmäßig verkümmerten Massenbewußtseins im eigenen Land, die Ängste und Neurosen hier und der Hunger, die Zwangsherrschaft, der Krieg in den ausgebeuteten Ländern der Dritten Welt, aber auch das Elend der Zukunft, das vorbereitet wird. Sorgen wir dafür, dass die Energien des Widerstandes sich sammeln können und nicht durch das Ventilsystem abgesaugt werden, mit dem sich dieser Staat vorsorglich ausgerüstet hat. Entlarven wir die Ventilfunktion der demokratischen Formen, die er uns anbietet. Zeigen wir vor allem, wie die demokratische Kontrolle gerade dort aufhört, wo sie in den Interessen der herrschenden Schichten eingreifen könnte."
Heißer Sommer - Uwe Timm

Follower